Geladen waren die bereits feststehenden Bürgermeisterschaftskandidat*innen aller Parteien. Der Einladung gefolgt sind neben unserer grünen Kandidatin Claudia Keuchel die Kandidatin der SPD, Katja Schuon sowie der Kandidat der FDP, Frank Ellerkmann.
Die Veranstaltung lief unter der Überschrift „Ist Feminismus in der heutigen Zeit noch notwendig?“ – eine Frage, die allenfalls rhetorisch gemeint sein kann angesichts der vielen Bereiche, in denen Frauen in Deutschland bekanntermaßen und klar belegbar nach wie vor benachteiligt werden.
Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit der Verlesung einer Spiegel-Kolumne der Autorin Margarete Stokowski mit dem Titel „Bis es weh tut“. Die Kolumne, die einige wichtige Punkte in der feministischen Arbeit aufzeigt, ist im letzten Jahr bei SPON erschienen und kann hier
nachgelesen werden.
Auf die Lesung folgte eine kurze Stellungnahme der langjährigen Gleichberechtigungsbeauftragten Josefa Redzepi, die einige handfeste Zahlen präsentierte und darauf hinwies, dass, während in Unna 51% der Bevölkerung weiblich ist, die Repräsentation des weiblichen Geschlechts weder im Stadtradt noch in den höheren Verwaltungsorganen bei 50% sondern allenfalls bei 25 – 28% liegt. Ebenso wie im Landtag oder im Bundestag sind Frauen deutlich unterrepräsentiert und das bedeutet, in den Worten von Frau Redzepi, dass die weibliche Sichtweise in ungenügender Weise in lokale und in überregionale Politik eingebracht wird. Der Alltag von Frauen gestaltet sich in vielerlei Hinsicht anders als der von Männern, Frauen bringen also andere Interessenschwerpunkte und andere Perspektiven in die politische Diskussion. Perspektiven, die sie mit 50% der Bevölkerung teilen. Um gute und faire Entscheidungen zu treffen, so Frau Redzepi, wäre es notwendig, dass Frauen in gleicher Weise repräsentiert werden wie Männer.
Es folgte die eigentliche Podiumsdiskussion, die damit begann, dass die drei beteiligten Bürgermeisterschaftskandidat*innen sich kurz vorstellten. Claudia stellte gleich zu Beginn ein momentan sehr aktuelles und viel diskutiertes Buch vor („Unsichtbare Frauen“ von Caroline Criado-Perez)
und betonte, dass sie es als ihre Aufgabe und Herausforderung sieht, Frauen sichtbarer zu machen. Zum Thema Stadtentwicklung gab sie zu Bedenken, dass diese bislang nur von Männern, für Männer konzipiert wurde. Viel stärker wurde darauf geachtet, dass Mann schnell von A nach B kam, als das Frau zwischen KiTa, Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsstelle vorankam. Für Claudia Keuchel nicht nur ein Makel aus baulicher Perspektive, sondern auch hinsichtlich eines veralteten Geschlechterrollenverständnisses.
Eine frühe Frage aus dem Publikum ging speziell auf Frauen mit Zuwanderergeschichte ein und darauf, dass Frauen mit Zuwanderer- oder Migrationshintergrund gleich auf zwei Ebenen Diskriminierung und Benachteiligung erfahren. Claudia ging eloquent und mit viel Leidenschaft auf die Frage ein, indem sie betont, wie wichtig es ist, Begriffe wie „Diversität“ ernst zu nehmen und mit Leben zu füllen und diese Diversität als Stärke einer Gesellschaft zu begreifen und die einzelnen Menschen als Schätze zu sehen, die gehoben und zum Strahlen gebracht werden müssten. Damit zielt sie auf Chancengleichheit ab, die bereits von Kindesbeinen an in Frühförderung, Kindergarten und Schule gegeben sein müsste.
In einer weiteren Frage aus dem Publikum wurde der Einfluss der Sprache darauf erwähnt, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Es wurde darauf hingewiesen, wie Polemik und Faktenmangel die Kommunikation negativ beeinflusst und gefragt, ob es nicht auch möglich sei, mit Sprache eine Gesellschaft positiv zu beeinflussen.
Das griff Claudia auf und führte weiter aus, dass Sprache bestimmte Bilder im Kopf erzeuge. Wenn zum Beispiel stets von einem Bürgermeister gesprochen wird und nie von einer Bürgermeisterin, stets von einem Kunden und nie von einer Kundin, stets von einem Lehrer und nie von einer Lehrerin, dann verknüpfen Hörer irgendwann nur männliche Personen mit bestimmen Berufen und Positionen in unserer Gesellschaft und Frauen werden in den Köpfen von Menschen weniger sichtbar. Sprache beeinflusst unsere Vorstellung von Dingen, unsere Bilder im Kopf und darüber letztlich auch unsere Meinungen und Taten. Und es ist für unsere Gesellschaft und für das Voranschreiten der faktischen Gleichstellung in unserer Gesellschaft immens wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass auch Bürgermeisterinnen möglich sind, Lehrerinnen, Polizistinnen, Politikerinnen. Und um das mehr in das Bewusstsein der Menschen zu bringen, gibt es unter anderem Dinge wie das Gendersternchen. Von dem Herr Ellerkmann übrigens kein Fan ist, wie er uns wissen ließ. „Da müsste man noch was besseres erfinden“ forderte er. Was das allerdings sein könne, ließ er offen. Er war darüber hinaus durchaus dafür, Frauen mehr in die politische Landschaft zu integrieren. Als aus dem Publikum die Frage gestellt wurde, wie man das denn in der FDP handhaben würde, es gäbe auf kommunalpolitischer Ebene kaum Frauen in der Partei. Eine hätte man jetzt beim Googlen spontan gefunden. „Dann müsse man eben die oder die Ehefrau befragen“, lautete Herrn Ellerkmanns Vorschlag. Dennoch resümierte Claudia gegen Ende der Veranstaltung mit einem Augenzwinkern, sie habe heute gelernt: „Herr Ellerkmann ist Feminist.“
In unseren Augen wurde heute einmal mehr bewiesen: Wir haben mit Claudia eine kompetente, selbstbewusste und eloquente Kandidatin im Rennen. Sie betonte während der Veranstaltung auch ganz klar, was sie in erster Linie mit einer Bürgermeisterwahlkandidatur verbindet – Auf die Menschen in der Stadt hören und insbesondere auf die Jüngeren davon: „Die jungen Menschen haben uns zu sagen, was wir jetzt machen sollen, denn die müssen mit den Entscheidungen noch viel länger leben“.