500 übergebene Sozial- und Flüchtlingsräder sind 500 Glücksgeschichten von Menschen, die sich auf neue Wege machen können. 500 Geschichten von Menschen die ihre Räder in gute Händen wissen. Und eine Erfolgsgeschichte vom Zusammenwirken in Unna.
Hermann Strahl, Koordinator von Unnas Sozial- und Flüchtlingsräder AG, dankte der Corona-bedingt kleinen Runde bei der Übergabe des 500. Rades den gut 500 Bürger*innen, die gut 600 Räder spendeten. „Sie hätten bei ebay dafür Euros bekommen können, aber sie stifteten die geliebten Drahtesel, damit finanzschwache Menschen in Bewegung kommen können. Unnas Flüchtlingsquartiere liegen meist abseitig, ein Fahrrad ist guter Schritt zur Integration. Wege werden kürzer und lebendiger – ob in Deutschkurse, zur Schule, zum Sportverein, zum Einkauf oder ins Stadtleben. In einigen Fällen ermöglichte unser Rad sogar Arbeitsaufnahmen. Und Räder sind meist auch einfache Glücksbringer für Körper und Psyche. Nicht nur in Coronazeiten kommt man in Bewegung, kann die neue Heimat erkunden und Menschen treffen.
In vier Jahren hat das 10-köpfige Team jetzt 500 Räder verkehrssicher aufgearbeitet, und ausgegeben. Einige Räder wurden ausgeschlachtet oder an die Radstation weitergespendet, weil uns Ersatzteile oder Kenntnisse fehlten. „Dank an Lars Rehbein und seinem Team für Mitschrauben nach Dienstschluss und viele Tipps! Ohne Radstation und uns würden Unnas Schrottberge steigen!“
Gegen eine Schutzgebühr von 5€ werden die Räder mit Radkarten, Verkehrsregeln in Muttersprache, Schlösser und Tipps auf den Weg gegeben. Die Flüchtlingsbetreuer*innen von WeltOffen und Caritas stellen nach Bedürftigkeit Ausgabelisten zusammen. Wohlfahrtsverbände und Kirchengemeinden benennen andere Menschen, die Fahrräder benötigen und nicht finanzieren können. Danke an Unnas Wohlfahrtsnetz, das dafür sorgt, das mehr Menschen auf die Räder kommen und weniger unter die Räder der gespalteten Gesellschaft.
Beim realen Schrauben im geselligen Team sieht man besser, was man getan hat, als beim klugen Papiere schreiben. Und wenn man dann dankbares Glück bei den Empfänger*innen sieht, haben wir doppelte Glücksgefühle. Danke an die Bürgerstiftung hier mit Dörthe Knauf. Durch ihre Spende bekommen Kinder und Jugendliche neue, passende Helme. Das nimmt uns die Angst, die man bei Kindern hat, die ohne Helm sich gefährden.
Und für die Sicherheitsentwicklung bei den Erwachsenen bietet der ADFC jetzt spezielle Kurse an. Spezieller Dank an Gaby Jöhnk und Regina Richter-Heinemann. Dank an diese Radlobby, die nicht nur fordert sondern fördert. Dank auch an Silvia Engemann von der Caritas und ihr Team, das zusammen mit WeltOffen und dem gerechtigkeitssuchenden Klaus Caspari für einfache und faire Verteilung sorgt.
Die Grüne Garage ist gefüllt, aber Kinder- und Jugend-und Damenräder fehlen noch !dingend
Auch ein Dank an die Grünen, die gut und gerne Gastgeber sind und die Idee für die Aktion hatten. Wir bemühen uns, dass wir nicht alle Wahlkampfständer zustellen. Es sei dabei auch erwähnt, dass Mitglieder fast aller Ratsparteien schon Räder vorbeigebracht haben. Danke!
Und dank an unser vielschichtiges Team. Vom Nachbarn Markus, der zunächst gute Tipps vom Balkon rief und seit langem Hand anlegt. Gerd, der als langjähriger Gefängnispsychologe, die Ruhe bewahrt, Alireza, der als Ingenieur seine Fähigkeiten einbringt und beim Arbeiten sein Deutsch verbessert. Gabi und Regina, die ausgeben, putzen und immer mehr auch schrauben. Alexander, der vor seiner Promotion in England sich beim Reparieren, Radkenntniss für Erkundugstouren am Rande seiner nächsten Lebensetappe sammeln will.
Man könnte noch allerhand Geschichten einspeisen. Das spare ich. Ein großes Danke sei hier Unnas sozialem Klima gewidmet. Wer bei uns was vorhat, bleibt selten allein. Wir kennen, schätzen und stützen uns beim Gutes tun. Das tut uns und Unna gut! Danke, Prost, Glückauf!“
Bürgermeister Werner Kolter freute sich in launigen Dankesworten über dieses wirksame soziale Band in unserer Stadt, was Dörthe Knauf von der Bürgerstiftung mit einer Zusage für weiter beglückende Kinderhelmförderung unterstrich. Klaus Caspari, der Verteilungs-Manager der Arbeitsgruppe unterich:
„Für mich ist es wichtig, dass viele Institutionen und Ehrenamtsinitiativen ‚verzahnt‘ zusammen arbeiten. Die Caritas, die sich gesamthaft um die Geflüchteten kümmert; der ADFC mit Schraubern und der Fahrradschule; die Bürgerstiftung mit Spendengeldern für Kinder-Fahrradhelme; die Radstation mit technischer Unterstützung und Abnahme von Fahrrädern, deren Reparatur wir nicht leisten können, die GRÜNEN, die die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, WeltOffen als Vermittler, die den Bedarf erfasst und die eigentliche Gruppe „Räder für Flüchtlinge (und sozial Bedürftige)“ mit der tatkräftigen Arbeit. Besonders freue ich mich auch, dass wir immer wieder Geflüchtete finden, die mithelfen, und uns dabei auch bei sprachlichen Problemen helfen, und gleichzeitig ihr Deutsch verbessern.
Das 500. Rad hatte dann auch noch eine besondere Geschichte: Vor 27 Jahren hatten es Grüne dem jüngst verstorbenen Peter Möbius zum 50. Geburtstag geschenkt. Viel gefahren, aber gut gepflegt, freut sich jetzt der Ägypter Mounier Abousif mit dem Rad Unna zu erkunden.
Grünen Sprecherin und Bürgermeisterkandidatin Claudia Keuchel übergab zum Schluss der kleinen Feier dem Schraub-Team einen Pick-Pack-Gutschein von Refugio für eine Schlemmer-Picknicktour. „Ihr zeigt, was ohne großen Finanzaufwand möglich ist, wenn Herz, Hirn, Hand und Haltung stimmen!“
24. Juni 2020, Hermann Strahl, bei ihm können sich Schraubfreund*innen zum Mitwerkeln gern melden: hermann.strahl@gmx.de. Mehr auch in der Mitmachen-Spalte rechts „AK Flüchtlingsräder“