Im klimatisierten Betonbau wird der Rückschritt gefeiert – Der Bremmeklotz (im Volksmund schon als „Monster Bremme“ geschmäht) wird unfertig eröffnet und offenbart mehr als nur ästhetische Mängel.
Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Mitten in der Klimakrise wird in Unna ein Einkaufszentrum eröffnet mit dem Unna nun „wirtschaftlich richtig durchstarten soll.“ Durchstarten werden hier aber vor allem die Klimaanlagen, die riesige Räume fortan auf angenehmes Shoppingklima künstlich heruntergekühlen, wo früher einmal mehr als 200 meist voll erwachsene Bäume für ein gutes Stadtklima gesorgt haben.
Fußgänger raus – nur mit dem Auto in die Innenstadt kommen
Schon ein kurzer Blick auf die breit geteerte Kreuzung am Verkehrsring zeigt: Hier ist Fußverkehr nicht erwünscht – und meist gar nicht möglich. Bei der Planung wurde der Rad- und Fußverkehr ignoriert oder über hohe Distanzen umgeleitet, um nicht im Weg zu sein. Es gibt viele neue Schilder und Ampeln, jedoch keine für Menschen, die zu Fuß oder dem Rad kommen.
Dekadentes Parken – geeignet für LKWs
Warum braucht ein Parkhaus eines Einkaufszentrums mitten in der Stadt Deckenhöhen von deutlich mehr als vier Metern? Hier könnten Autos doppelt gestapelt werden. Ein Platz- und Energieverbrauch der nicht nur absurd, sondern auch ineffizient und klimaschädlich ist. Damit ist sogar die die zulässige Maximalhöhe des Baus so ausgeschöpft, dass Photovoltaik keinen Platz mehr findet – und das im Jahre 2022.
Schlechte Radabstellanlagen im Regen
Pünktlich zur Eröffnung machte der Schlagregen deutlich, dass an Radverkehr wirklich gar nicht gedacht wurde. Die sog. „Felgenkiller“, die augenscheinlich überdacht sind, wurden so weit am Rand des hohen Eingangsdaches platziert, dass Mensch und Rad beim Be- und Entladen komplett nass werden. Weitere Fahrradständer befinden sich im Inneren des Parkhauses. Diese sind aber nur durch Zufall zu finden und über eine steile Rampe zu erreichen. Dass Fuß- und Radverkehre echte Kundenfrequenzbringer und mit ihrer Kaufkraft umsatzrelevant sind, hat die Kaufmannschaft anscheinend nicht auf der Rechnung (Ob das der Grund ist, warum wir auf mehrfache Anfragen zur Fahrradabstellanlage von tenBrinke keine Antwort bekommen haben?).
Eine eingemauerte Jugendstilvilla fristet ihr Dasein nun im Schatten
Es ist ein echtes Trauerspiel. Die ehemals anmutig wirkende denkmalgeschützte Villa steht nun eingeengt zwischen riesigen Betonwänden und wird selbst bei Sonnenschein verschattet. Es hat neben dem angrenzenden Riesenbetonschiff seine historische Würde verloren. Das Denkmalschutzgesetz sieht für solche Gebäude eigentlich einen Ensembleschutz vor, um sie vor einer grässlichen Entstellung wie dieser zu bewahren. Warum der Ensembleschutz hier nicht greift, ist uns schleierhaft. Hier ergänzt sich gar nichts.
Bitteres Fazit: Andere Städte in der Umgebung haben es schon vorgemacht, entweder stirbt die Innenstadt oder aber die neuen Einkaufsklötze leeren sich nach anfänglicher Euphorie zu Geisterhallen. Unna wird hier keine Ausnahme sein. Was dann im Sinne einer Schadensveredlung frühzeitig getan werden kann, sollte jetzt schon gedacht werden. Heute wäre bundesweit wohl ein solch klimafeindlicher Großbau nicht mehr mehrheitsfähig. Im Gegenteil, an vielen Orten wird versucht, Städte wieder zu beatmen. Keine 100km vom Ten-Brinke-Stammsitz findet in Almere (NL) die internationale Gartenausstellung „Growing Green Cities“ statt. Dort werden klimapositive Großbauten mit Grünfassaden, Dachgärten und anderen Hoffnungsbeispielen gezeigt. Zukunftsfreudige und -freundliche Investor*innen, Verwaltungen und Politik können sich hier für Zukunftsmärkte Anregungen holen. Hoffen wir, dass derartige Fehlplanungen künftig endgültig der Vergangenheit angehören!