GRÜNE UNNA

Ruth-Lindenbaum-Platz: Erinnerung und Auftrag

87 Jahre nach der Deportation aus Unna reist Manfred Lindenbaum mit 46 Amerikanern (=25 Familienmitglieder und Freunde) in seine Geburtsstadt Unna, um den Ruth-Lindenbaum-Platz einzuweihen. Für seine ältere Schwester wurde hier endlich ein Ort der Erinnerung, des Besinnens und des Auftrags aus ihrer Geschichte zu lernen gefunden. „Jetzt diesen Platz zu sehen erfüllt mich mit unendlicher Freude!“, sagte der beseelte 93jährige mehrfach bei seinem Unna-Besuch und betonte, dass er jetzt noch tatkräftiger seinem Auftrag nachgehen will, „an einer besseren Welt zu arbeiten ohne Diskriminierung wegen Religion, Hautfarbe oder politischer Überzeugung.“

 

Ihm und seinem Bruder Siegfried war durch die jüdische Hilfsorganisation HIAS die Flucht vor den Nazi-Mördern ermöglicht worden. Der Weg von Schwester Ruth und Eltern Frieda und Otto Lindenbaum wurde ist bis zum Ghetto in Grodno dokumentiert. Wo, wie und wann er endete ist nicht mehr klärbar. Die Ghetto-Bewohner wurden zur Ermordung nach Auschwitz oder Treblinka deportiert. Und Manfred denkt bis heute täglich an seine große Schwester, die ihn mütterlich  sechs Jahre begleitete. Trotzdem konnte er nicht mit Gattin Annabel und den Kindern darüber sprechen. Das Sterben seines Bruders und seine und Enkel seines Bruders lösten die Verstummung. Er forscht jetzt und spricht, besonders gern vor Jugendlichen, über das Schwester- und Familienschicksal.

 

Und die würdige Feier zur Einweihung des Ruth-Lindenbaum-Platz war für ihn Höhepunkt seines Weges. Lieder und Gedichte, die in einer Projektwoche zu den Stolpersteinen vom 4. Jahrgang der Grundschule-am-Hertinger Tor entstanden, ergriffen alle Anwesenden in der Schulaula sichtlich. Am meisten wohl Manfred Lindenbaum selbst, seine beherzte halbstündige freie Rede auf Englisch gab auch Nichtenglischkundigen Ermutigung und Kraft. Sabine Krämer schaffte es mit einfachen Worten und historischen Bildern auch die sehr jugendlichen Schüler in Ruths Geschichte mitzunehmen.

Und immer wieder dankte und kommentierte Manfred Lindenbaum beherzt die Beiträge von Schulleitung, Bürgermeister, Familienmitgliedern und auch  Claudia Keuchels Rede auf Deutsch und auf Englisch. Die Kulturausschussvorsitzende hatte 2009 Manfred Lindenbaum als Kulturamtsmitarbeiterin bei der ersten Stolpersteinverlegung kennen gelernt und seine Berichte über Holocaust-Wirkungen in ihrem und seinem Unna rührten sie zu Tränen und Tun. „Möge dieser Platz uns stets daran erinnern, dass Erinnerung kein Zurückblicken ist, sondern ein Weg nach vorn.“

Claudia Keuchel hatte die schwierige Diskussion über eine Änderung des Schulnamensbeschlusses mit ihrem Vorschlag, den Platz vor der Schule in Ruth-Lindenbaum-Platz zu benennen,  freundlich-dynamisch beendet. Und als „Unnas Spurensucher“ Jürgen Düsberg das Manfred Lindenbaum mitteilte, entschloss er sich spontan zum Unna-Besuch und lud seine und seines Bruders Familie sowie engagierte Freund*innen gleich mit ein. Und die Gruppe aus vier Generationen lud er mit Unnaer Unterstützer*innen am Abend vor der Platzeinweihung in den Katharinenhof zum Abendessen. Manfred Lindenbaum begrüßte spontan,wurde ergänzt spontan und auch vorbereitet von Familienmitgliedern, bereichert und liebevoll chronologisiert von Jürgen Düsberg, so dass erst nach mehr als einer Stunde das eigentliche Essen begann. Günstig war, dass Unnas US-gebürtiger zib-Chef David Nethen den Englisch-Schwächelnden nachhelfen konnte.

Nach der Eröffnungsfeier lud Unnas Runder Tisch noch zu einem Ratschlag zum Lernen vo Ruth ein. Kurzfristig hatte eine Abschlussklasse des Märkischen Berufskollegs eine Grafic Novel zu Ruths Geschichte erarbeitet. Sie soll balb auf der WDR-Seite: https://stolpersteine.wdr.de/web/de/stolperstein/8163 erscheinen. Beeindruckend war die Rede vom Präsidenten der HIAG, Mark Hetfield, er wies darauf hin, dass es heute mehr Flüchtlinge denn je auf der Welt gebe. HIAG hilft nicht nur Menschen jüdischen Glauben, sondern allen Menschen auf der Flucht.

Danach hatte Unnas für das Programm und in der Sache federführender Stadtarchivar Dr Frank Ahland einen geschichts-erschließenden Stadtrundgang organisiert. Ob beim Gedenkstein für die ermordeten Juden oder auf dem jüdischen Friedhof führte Jürgen Düsberg durch die Geschichte des jüdischen Lebens in Unna.

Lesenswerte Berichte auf der Stadthomepage und im Hellweger. Schade, dass WDR und Antenne Unna nicht berichteten. Wann hat Unna solch spannenden Besuch gehabt?! Ich glaube, dass alle die Manfred Lindenbaum, seine Familie und seine Botschaft miterleben durften, ermutigt und hoffnungsvoller weiter an ihrem Abschnitt der Weltverbesserung weiterwirken. Das große Lob für Unnas für die Flüchtlingsarbeit in Unna ist eine Herausforderung. In den viele kleinen Gesprächen mit der vielschichtig spannenden Familie kam aber auch beidseitig eine tiefgreifende Sorge in Sachen menschenwürdiger Zukunft auf. Dass amerikanische Juden überlegen, die deutsche Staatsbürgerschaft als Sicherung zu beantragen, ist ein bedenkliches Zeichen. Dass einige aus der Lindenbaumsippe, weitere Unnabesuche (möglichst bei besserem Wetter und länger) planen, macht neugierig. Als 77jähriger einen so lebendigen 93jährigen zu erleben, macht Hoffnung auf dynamisches Altern. Danke Manfred Lindenbaum und danke an Ruth, die uns zum Gutes tun mahnt!

Hermann Strahl, 77, ist das Schreiben des Erlebten schwer gefallen. Enkelin Ruths, 17, Interesse am Schicksal von Ruth Lindenbaum motiviert aber..

 

Sabine Krämer hat zum Familienschicksal der Lindenbaums viel hier viel zusammengetragen. Im Februar sprach Unna Spurensucher Jürgen Düsberg im Stadtarchiv über Lindenbaums und seine Begegnungen mit Manfred Lindenbaum und seinen Geschichten. Grün berichtete. Im nächsten Frühjahr wird vorraussichtlich in Fahrrad, der Zeitschrift des ADFC-Kreisverbandes ein Artikel über die „Lindenbaum-Odysse“, auf der Manfred Lindenbaum mit 13 Familienmitgliedern  die Schicksalsschauplätze der Familie aufsuchte und von Buchenwald bis Unna radelte.  

 

 

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